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  • Marc Picky

Genetikk - MDNA

Massage trotz Maske

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Auch wenn ich mit diesem Review bei den Redaktionskollegen – zum Teil nachvollziehbar - nur seltsame Blicke und Kopfschütteln auslösen werde, nehme ich mich dem ganzen nach langem überlegen nun doch an – liest ja eh keine Sau.


Nachdem ich bei Musik generell sehr picky bin, ist das ganze bei deutschem Rap nochmal eine Stufe strenger. Die Truppe um die sich das Review dreht konnte mich auch lange nicht wirklich überzeugen. Genetikk – ein deutsches Rap-Duo aus Saarbrücken bestehend aus Kappa (Rap) und Sikk (Beats/Producing) - gehen mit ihrem neunten Studioalbum (sofern man ein Anniversary Album abzieht) an den Start. Erneut unter eigenem Lable „Outta this World“. Gefühlt war das die längste Promophase einer Gruppe, die ich jemals verfolgt habe. Es waren zwar „nur“ 5 Monate, aber durch die ganzen Teaser und Single Auskopplungen kam mir das ganze eher wie ein Jahr vor.


Das Booklet zeigt ein Skelett in Regenbogenfarben, daneben eine Art Sticker „Great Adventure MDNA“. Generell wirkt das Case wie eine Art Verpackung von Medikamenten oder eben Drogen. Liegt vermutlich auch an den abgebildeten Pillen und der großen Pupille auf der Rückseite. Auf der Innenseite wirken die MDNA Aufdrucke wie eine Homage an Aspirin. Das Haupt-Booklet hat nur drei Seiten und ist mit vielen Slogans bestückt. Dazu gibt es eine Art A3 große Zeitungsseite mit dem Titel „Satzung der Church of Genetikk“. Ist ziemlich cool von der Aufmachung, habe ich so auch noch nicht gesehen.


Worum es auf der Platte geht ist schwer zu sagen. Zum einen viel ums Thema Corona, zumindest findet man viele (kritische) Anspielungen. Zum andern wie so oft bei Genetikk um deren Weg, die deutsche Rapszene und Familie.


Beat-technisch sehr eigen und irgendwie für mich auch an ami-rap angelehnt, vermutlich kann ich deshalb damit mehr anfangen als mit dem diesem deutschen Asi-rap. Die Tracks sind wie immer voll mit viel Text und Message und sehr durchdacht. Man muss die Songs mehrfach hören um Zusammenhänge zu erkennen und vor allem die Masse an Lines überhaupt mitzubekommen. Wo bei anderen Rappern ein weiterer Verse fehlt, ist hier einfach einer da und rundet ab. Mir ist während des schreibens dieses Artikels übrigens erst aufgefallen, das „MDNA“ für den zuletzt von der Band oft verwendeten Slogan „Mass Destruction New Age“ steht.. Auf dem Album ist ein feature (mit Musa386), zudem findet man viele Samples, was mir im Bereich Rap/Hiphop sehr gefällt sofern es (wie hier) vernünftig gemacht wird. Beispiele der Samples wären Rio Reiser oder Wendy Rene (Eine Soul Künstlerin aus den 60ern). Was ich dennoch negativ anmerken muss, bevor ich die einzelen Tracks unter die Lupe nehme, ist eine Line aus dem Intro-Track „Kein Rap für die KI, das ist für meine Leute.“ Dennoch sind viele 2-3 minütige und somit Streamingdienst-optimierte Tracks auf dem Album zu finden, etwas widersprüchig.


Wie siehts mit den einzelnen Tracks aus?

Das Album startet mit dem „Intro/Mass Destruction New Age“. Eine fast 2-minütige, starke Opening-Rede inkl. dramatischer Erzählerstimme stimmt das ganze ein, bevor dann ein 1-minütiger Track folgt, von dem ich mir gerne einen längeren gewünscht hätte. Anschließend folgt der erste richtige Track „Kintsugi“, der von Titel und Beat etwas japanisch klingt. „Rap or Die“ ein Slogan der oft von Genetikk verwendet wird klingt wie ein Oldschool-Gnkk Track, dieser sollte vor allem frühen Genetikk Fans gefallen. „Requiem“ war der Track der das Album damals angekündigt hatte und ist einer der stärksten Tracks des Albums. Beat, Lines und Sample hauen einfach von Anfang an direkt in die Fresse. „Wein & Wasser“ ist ein relativ monotoner- gechillter Track und nimmt zusammen mit „Regen“ das Gas etwas raus (nicht negativ gemeint!) nach den recht starken Tracks am Anfang. „German Angst! (Der Traum ist aus)“ gesamplet mit einem Rio Reiser Track spricht die zum Zeitpunkt der Albumaufnahme präsente Situation von Corona, Lockdowns und Aufständen in Deutschland und anderen Ländern an und ist textlich wieder sehr stark. „Freedom since 2010“ ist ein Skit und eine Ansage an die deutsche „möchtegern“ Rapszene. „Antiassimiliert“ greift das Thema aus dem Skit auf, mit erneut krassem Beat. „Kirschblüte“ verstehe ich nicht ganz, ein Beat wie aus einem Horror-Film und die Lines wirken eher wie eine Geschichte. „Dank God“ wieder eher chilig, zumindest bis der Beat bei der hälfte des Tracks in eine andere Richtung läuft.

„Supernova“ der ruhigste Track und vermutlich auch der ehrlichste oder wie man im Rapgame sagt - realste. Wirkt als würde sich Kappa das Herz ausschütten und behandelt u.a. das Thema seines Aufstiegs und den Zwiespalt zwischen seiner Karriere und der Familie. Das Outro ist zudem einfach passend und untermalt alles in richtiger Stimmung. „Vielleicht“ ist seit dem es als Single released wurde einer meiner Lieblingstracks. Der Beat läuft so vor sich hin, das Thema und die zugehörige Message passt einfach. „Wo du warst“ ist eine Mischung aus Geschichte und Track und behandelt wohl die Frage, wo eine wichtige Person war als es einem selbst schlecht ging. Zudem das einzige Feature auf dem Album mit MU$A386, mit welchem ich leider absolut nichts anfangen kann. „Weck mich nie mehr auf“ ein eher melancholischer Track, behandelt vermutlich eine Trennung. „Wo ist die Message“ ein sehr interessanter Track darüber, das bei den meisten Rap-Künstlern die Message fehlt, was ich absolut nachvollziehen kann. Zu viele Blender, zu viel Gelaber über Geld, Frauen und die Erwähnung irgendwelcher irrelevanter Promis. „Faces“ wieder sehr chilliger Beat mit Jazz-Sample. Mehr kann ich zu dem Track nicht sagen da ich ihn kaum gehört habe, er hat mich noch nicht richtig abgeholt. „Patriot“ ist ebenfalls einer der starken Tracks des Albums und wirkt durch den Beat sehr episch, er schließt das Album gebührend ab.

Wer nach meinem Review noch nicht so wirklich weiß was er sich anhören soll, dem gebe ich hier ein par Tracks als Hausaufgabe: Intro, Vielleicht, Requiem, German Angst und Supernova

Zum Abschluss hier noch ein par Lines aus dem Album, die sich mir einfach verinnerlicht haben:

„Ich Rap nur damit jeder deutsche Rapper sich schämt“ „Ratschläge Danke – aber Nein Danke.“ „Du bist so zwanzig-zweiundzwanzig, es ist peinlich Ich trag' keine Rolex, ich bin timeless“ „Das sind paar Lektionen for free, Das ist nicht für's Radio und für die Industrie“ „Die ganze Welt hat Angst allein zu sein. Acht Milliarden gestrandet auf den Sandkorn der Einsamkeit“ „Vielleicht ruft das Schicksal an, doch ich geh dann grad nicht ran. Vielleicht gibt's für Gerechtigkeit im Leben keinen Platz“ „Vielleicht ist grad alles grau, doch die Sonne kommt bestimmt Und die Stimme in mei'm Kopf sagt mir: „Hör nicht auf die Stimmen““

Mein Resümee: 9/10 – Lange Promophase, starkes Album, große Texte.

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